Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen fordern eine Beteiligung des Landes an den durch die geplante Einführung des Abiturs nach 9 Schuljahren entstehenden Kosten.
Die neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat dem Landtag die Änderung des Schulgesetzes und damit die Wiedereinführung des Abiturs auch an den Gymnasien nach 9 Jahren (G 9) vorgeschlagen. Aufgrund des in der Landesverfassung verankerten Konnexitätsprinzips muss das Land den Kommunen als Schulträger dadurch entstehenden Mehrkosten ersetzen. Um die Kosten abzuschätzen, hat die Landesregierung ein Gutachten in Auftrag gegeben, das am 9. Mai 2018 veröffentlicht wurde. Die Kosten sowohl auf Landes- wie auf kommunaler Ebene sind immens.
Das Gutachten basiert auf einer breiten Datengrundlage, zu der die Kommunen maßgeblich beigetragen haben. Beim größten Posten der Kostenschätzung, dem zusätzlichen Bedarf an Unterrichtsräumen für G9, legen die Gutachter zwei alternative Berechnungsmethoden vor: Eine pauschale Berechnung des Bedarfes für ganz Nordrhein-Westfalen ("NRW-Ansatz") mit 79 Millionen Euro und eine regional differenzierte Berechnung der zusätzlich erforderlichen Räume ("Schulträgervariante") mit 518 Millionen Euro. Hinzu werden jeweils rund 31 Millionen Euro jährlich wiederkehrende Kosten geschätzt.
Dazu sagten die Hauptgeschäftsführer von Städtetag NRW, Helmut Dedy, Landkreistag NRW, Dr. Martin Klein, sowie Städte- und Gemeindebund NRW, Dr. Bernd Jürgen Schneider: "Der Wechsel von G8 zu G9, also ein zusätzlicher Jahrgang an den Schulen, erfordert mehr Unterrichts- und Fachräume, mehr Lehr- und Lernmedien und zusätzliches Personal. Für die notwendige Abschätzung der Gesamtkosten stellt das Gutachten nach erster Einschätzung eine grundsätzlich geeignete Gesprächsgrundlage dar. Vielerorts müssen Schulen umgebaut, erweitert oder auch neu gebaut werden. Es ist gut, dass das Gutachten über diese baulichen Kosten hinaus auch die jährlich wiederkehrenden Kosten wie Betriebs- und Instandhaltungskosten, Schülerbeförderung und Verwaltung erfasst. Allerdings ist es nicht realistisch, von einer im Jahre 2006 im Rahmen der damaligen Umstellung auf G8 entstandenen 'Raumreserve' auszugehen. Diese Kapazitäten sind angesichts des Ganztagsschulausbaus, der Inklusion und durch die zusätzliche Beschulung zugewanderter Kinder und Jugendlicher längst zusammengeschmolzen oder aufgebraucht."
"Die Städte, Kreise und Gemeinden als Schulträger befürworten die regional differenzierte Berechnung, die den tatsächlichen Stand vor Ort miteinbezieht. Sie lehnen den pauschalen NRW-Ansatz dagegen entschieden ab, da dieser auf der unrealistischen Vorstellung beruht, man könne den Ausbaubedarf bei einem Schulträger mit noch vorhandenen Kapazitäten in einer anderen Region verrechnen. Eine Kostenschätzung kann nur dann zu tragfähigen Ergebnissen kommen, wenn die unterschiedlichen Verhältnisse bei den einzelnen Schulträgern angemessen berücksichtigt werden, beispielsweise die Schülerzahlentwicklung, das spezifische Schulangebot vor Ort und die sehr unterschiedlichen räumlich-baulichen Situationen der Schulen. Die Kommunen erwarten, dass das Land die Mehrkosten für den Umstieg auf G9 vollständig erstattet", so Dedy, Klein und Schneider.
Die Kommunen unterstützen das Land, um die Kosten realistisch abzuschätzen und werden das Gutachten nun eingehend prüfen. Auf Grundlage des Gutachtens wird nun zunächst eine Kostenfolgeabschätzung erfolgen. In einem weiteren Schritt müssen dann die Verteilungskriterien für einen Kostenausgleich festgelegt werden. So sieht es das Konnexitätsausführungsgesetz NRW vor, um die Kommunen vor zusätzlichen Aufgaben zu schützen, die nicht gegenfinanziert sind.