Stromnetze kosten Geld

Der Ausbau der Stromnetze und die Sicherung der Netzstabilität in Deutschland kosten Geld und werden zu einer Erhöhung der Strompreise führen.

"In Steinhagen sind die Strom- und Gaspreise 2018 zwar stabil, mittelfristig werden aber auch wir die höheren Kosten für den Bau neuer Stromnetze und Maßnahmen zur Gewährleistung der Netzstabilität zu spüren bekommen", so Bürgermeister Klaus Besser, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Gemeindewerke Steinhagen GmbH.

Die Gemeindewerke Steinhagen erstellen derzeit die Jahresendabrechnung für 2017, die ab 20. Januar 2018 den Verbaucherinnen und Verbrauchern zugesandt werden.

Die Kosten für systemstabilisierende Eingriffe ins deutsche Stromnetz stiegen 2017 nach einer Pause wieder deutlich an und haben mit einem Anstieg von 20 Prozent ein Rekordhoch erreicht. Dies liegt vor allem an den netzstabilisierenden Redispatchmaßnahmen und der Entschädigung für Betreiber von Windkraftanlagen. Der Stress im System steigt schneller, als Stromleitungen fertiggestellt werden. Die Kosten tragen letztlich die Stromverbraucher über die Netzentgelte, die inzwischen ein wesentlicher Bestandteil der Strompreise sind.

Redispatch wird eingesetzt, wenn die Netzkapazitäten nicht ausreichen, um Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. Eine typische Situation ist, dass bei hoher Windkraftproduktion die Strompreise in der gemeinsamen deutschen Preiszone sehr niedrig ausfallen und viele konventionelle Kraftwerke, auch im Süden des Landes, nicht profitabel produzieren können und deshalb vom Netz gehen. Wenn gleichzeitig die Nachfrage in Süddeutschland und in den angrenzenden Staaten hoch ist, kommt es zu Engpasssituationen. Der Strom aus dem Norden kann nicht in den Süden gebracht werden. Dann können die Übertragungsnetzbetreiber Kraftwerke im Norden ausschalten lassen und im Süden beauftragen. Für die anfallenden Kostendifferenzen müssen sie aber aufkommen. Mit der Windabregelung können die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ebenfalls regional die Stromproduktion im Überlastungsfall drosseln, müssen aber die Betreiber der Anlagen weitgehend für den Ertragsausfall entschädigen. In Schleswig-Holstein betraf das zuletzt beispielsweise ein Siebtel der potenziellen Windstrom-Erzeugung. Auch die Netzreserve-Kraftwerke, die in Notsituationen einspringen sollen, müssen die ÜNB bezahlen.

Der nach Fläche größte deutsche Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat bekanntgegeben, dass die so genannten netzstabilisierenden Maßnahmen 2017 mit knapp einer Milliarde Euro Kosten zu Buche geschlagen haben. Den vorläufigen Zahlen nach kosteten Redispatch und Netzreserve knapp 550 Millionen Euro. Die Abregelung von Windkraftanlagen, die dann entschädigt werden müssen, musste Tennet mit 420 Millionen Euro kompensieren. Beim ÜNB 50Hertz werden die Kosten einer vorläufigen Kalkulation nach circa 205 Millionen Euro betragen. Davon entfallen 120 Millionen Euro auf den Redispatch und 85 Millionen Euro für die Entschädigung von Windkraftanlagen. Ob es noch deutlich weiter als auf 1,2 Milliarden Euro hinaufgeht, hängt von den beiden verbleibenden Übertragungsnetzbetreibern ab. Vor allem bei Amprion könnte noch ein erheblicher Betrag hinzukommen. Der ÜNB hat jüngst bekanntgegeben, seine Netzgebühren Anfang 2018 um drastische 45 Prozent zu erhöhen. Im vergangenen Winter seien umfangreiche Redispatch-Maßnahmen nötig gewesen. Genaue Zahlen liegen hier jedoch noch nicht vor.

Langfristig rechnet die Bundesnetzagentur mit weiter steigenden Kosten, bevor die neuen, großen Gleichstromtrassen von Nord nach Süd fertiggestellt werden. Dies soll nach den Planungen bis 2025 der Fall sein. Die Kosten für die netzstabilisierenden Maßnahmen könnten im Jahr 2023 auf 2 bis 4 Milliarden Euro jährlich steigen.

Die Zahl der notwendigen netzstabilisierenden Eingriffe zeigt, dass ein Ausbau der Stromleitungen dringend erforderlich ist, um die Energiewende zu schaffen. Dazu gilt es, die Planungsverfahren zu straffen und den Ausbau der Trassen zu beschleunigen. Weiterhin muss geprüft werden inwieweit die bestehenden Leitungen noch optimiert werden können, um die entstehenden Kosten etwas zu begrenzen. Auch der Ausbau der Erneuerbaren Energien sollte, sofern die Anlagen wirtschaftlich tragfähig sind, nicht überwiegend in Norddeutschland erfolgen, sondern auch in den geeigneten südlichen Gebieten Deutschlands. Dazu gilt es jedoch auch für Akzeptanz der EE-Anlagen zu sorgen und Beteiligungsmodelle unter Einbeziehung von Bürgern und Kommunen weiter zu etablieren, um den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien mit lokaler Wertschöpfung zu verknüpfen.

Die Gemeindewerke Steinhagen haben sich auf Beschluss des Rates an dem neuen Windpark an der A 2 in Verl und Gütersloh beteiligt. "So wird sichergestellt, dass auch ortsnah erzeugter Strom aus regenerativen Energien in unserer wirtschaftsstarken Gemeinde zur Verfügung steht. Trotzdem werden die Kosten für die Netze die Verbraucher in Deutschland in den nächsten Jahren belasten und zu steigenden Strompreisen führen", so Besser.