Die Integration von Flüchtlingskindern an Schulen stellt die Kommunen als Schulträger vor Herausforderungen, die ohne zusätzliche Unterstützung kaum zu bewältigen sind.
Darauf hat der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Dr. Bernd Jürgen Schneider, am 13. Janaur 2016 in Düsseldorf hingewiesen: "Nach den Berichten aus vielen Städten und Gemeinden reichen die vom Land zusätzlich geschaffenen oder in Aussicht gestellten Lehrerstellen nicht aus."
Auch in diesem Jahr müssten wahrscheinlich weitere 60.000 Kinder mit schulischen Angeboten versorgt werden. Es gehe aber nicht nur um eine Anpassung an höhere Schülerzahlen, sondern auch darum, dass die betroffenen Kinder überdurchschnittliche Betreuung und Förderung benötigen, betonte Schneider. Zum Teil seien die Kinder durch Kriegs- und Gewalterfahrung sowie durch die belastenden Umstände der Flucht traumatisiert. "Es fehlt an Unterstützungspersonal wie Dolmetscher/innen, Schulpsycholog/innen und Schulsozialarbeiter/innen", legte Schneider dar.
Auch in Steinhagen wird über die Erweiterung der Grundschulen diskutiert und zusätzliche Schulsozialarbeit gefordert. Bürgermeister Klaus Besser hat dem Fachausschuss und Rat jetzt empfohlen, zusätzliche Fördermittel aus einem Landesprogramm zu beantragen.
Völlig unklar ist, wie viele Kinder im schulpflichtigen Alter in diesem Jahr zusätzlich in die jeweiligen Kommunen kommen und wie viele von diesen länger dort bleiben. Das erschwert eine verlässliche Schulentwicklungsplanung.
In der Regel dürfen Kommunen zusätzlichen Schulraum nur dann schaffen, wenn belegt werden kann, dass dieser für einen längeren Zeitraum benötigt wird. "Im Moment fehlen sämtliche Grundlagen für eine vernünftige Planung", fasste Schneider die Schwierigkeiten der Fachleute zusammen. In diesem Zusammenhang sei das vom Land im Dezember 2015 angekündigte Städtebau-Sonderprogramm mit einem Umfang von 72 Mio. Euro für den Neu- und Umbau respektive die Modernisierung von Betreuungseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Jugendtreffs, Schulen und Sporteinrichtungen wohl zu begrüßen. Es könne die Probleme aber auch nicht lösen, machte Schneider deutlich. Aus heutiger Sicht müsste eine Reihe von Maßnahmen mit höchster Priorität in Angriff genommen werden:
- Sprachunterricht: Entscheidend für eine reibungslose Integration und einen raschen Wechsel in eine Regelklasse ist, dass die Kinder so schnell wie möglich Deutsch lernen. In der Schule braucht es dafür Deutschlehrer und -lehrerinnen mit der Zusatzqualifikation Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache.
- Personal: Bei der Gewinnung geeigneter Lehrkräfte müssen sämtliche denkbaren Wege ausgeschöpft werden. Statt der derzeit vorgesehenen rund 2.600 zusätzlichen Lehrer/innen werden mindestens 5.000 gebraucht. Die regulären Besetzungsverfahren müssen mit Nachdruck vorangetrieben und zügig abgeschlossen werden. Für die Verwendung qualifizierter Seiteneinsteiger/innen im Schuldienst sind formale Hürden abzubauen - etwa bei Altersgrenzen oder bei der Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen. Auch pensionierten Lehrkräften sollten attraktive Angebote zum befristeten Wiedereinstieg in den Schuldienst unterbreitet werden.
- Soziale Unterstützung: Dringend erforderlich sind mehr Schulpsycholog/innen, Sozialpädagog/innen und Dolmetscher/innen.
- Raumprogramm: Die Schulträger benötigen Unterstützung bei der Schaffung von Klassen- und Differenzierungsräumen sowie von Plätzen in der Offenen Ganztagsschule. Hier muss sich - etwa nach dem Vorbild des erfolgreichen Programms "Zukunft Bildung und Betreuung (IZBB)" - auch der Bund engagieren.
- Baurecht: Wo erforderlich, müssen baurechtliche Erleichterungen gewährt werden, um schnelle, pragmatische Lösungen zu ermöglichen.
- Volkshochschulen: Bei Sprachlernangeboten außerhalb der Schule erbringen die kommunalen Volkshochschulen exzellente Leistungen. Deshalb müssen die Mittel für Sprachkurse an Volkshochschulen aufgestockt sowie für jüngere Teilnehmende zugänglich gemacht werden.
Aus kommunaler Sicht - so Schneider - müsse dringend auch das Potenzial gehoben werden, das mit den Asyl suchenden Menschen ins Land gekommen sei: "Wir müssen fragen: Welche Flüchtlinge haben welche Sprachkenntnisse? Wer war im Herkunftsland eventuell Lehrer/in oder verfügt über eine pädagogische Ausbildung?". Über dieses "Humankapital" müsse sich der Staat möglichst rasch einen Überblick verschaffen - am besten bereits bei der Registrierung der Flüchtlinge.