Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen prüfen derzeit gegen das 9. Schulrechtsänderungsgesetz Kommunalverfassungsbeschwerde zu erheben, nachdem monatelange Verhandlungen mit dem Land zur Berücksichtigung des in der Landesverfassung verankerten Konnexitätsprinzips gescheitert sind.
Mit dem vom Landtag 2013 mehrheitlich beschlossenen Gesetz wird ab 1. August 2014 die inklusive Beschulung von Kindern mit Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Die Kommunen befürchten durch das neue Gesetz erhebliche Mehraufwendungen für bauliche Maßnahmen an den Schulen und Integrationshelfer und Sozialarbeiter.
"Auch in Steinhagen wird an der Realschule ab 2014 gemeinsames Lernen eingeführt und die Gemeinde errichtet für über 200.000 € einen neuen Fahrstuhl am Schulzentrum. Wir werden uns gegebenenfalls an einer Kommunalverfassungsbeschwerde beteiligen", kündigt Bürgermeister Klaus Besser an.
Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen (LKT NRW) und der Städte- und Gemeindebund NRW (StGB NRW) bedauern, dass es trotz intensiver Gespräche mit der Landesregierung und den Spitzen der Regierungsfraktionen bislang nicht gelungen ist, eine gemeinsame und nachhaltige Lösung zur Finanzierung der Inklusion in den Schulen von Nordrhein-Westfalen zu erreichen.
Nachdem sich die Vorstände aller drei kommunalen Spitzenverbände mit dem abschließenden Angebot des Landes vom 18.02.2014 befasst haben, erklären der Präsident des LKT NRW, Landrat Thomas Hendele (Kreis Mettmann) und der Präsident des StGB NRW, Bürgermeister Roland Schäfer (Stadt Bergkamen): „Die kommunalen Spitzenverbände waren in den Gesprächen der vergangenen Wochen zu erheblichen Zugeständnissen bereit. Wir erkennen an, dass sich auch das Land auf die Kommunen zubewegt hat. Eine Einigung kam am Ende vor allem wegen unterschiedlicher Auffassungen zu den dauerhaften Personalkosten für die Inklusion nicht zustande. Das infolge der Rechtsetzung des Landes vehement ansteigende Finanzierungsrisiko für Integrationshelfer würde vollständig auf die Kommunen verlagert. So ist eine gute Qualität der Inklusion nicht zu erreichen.“
Auch wenn die vom Land genannten Summen auf den ersten Blick namhaft erscheinen mögen, decken sie angesichts der vom Land selbst angestrebten Zielmarke der Inklusion von 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung doch auf mittlere Sicht nur einen Bruchteil der den Kommunen entstehenden Kosten.
„Im Interesse der Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderung, im Interesse der Eltern, der Lehrkräfte und des unterstützenden Personals an einer landesweit guten Qualität der Inklusion ist eine stärkere Unterstützung durch das Land notwendig“, so Hendele und Schäfer. Es wäre gegenüber den betroffenen Kindern nicht vertretbar, wenn ihre individuelle Förderung an den allgemeinen Schulen hinter den Standards der Förderschulen zurückbliebe und die Inklusion und deren Qualität von der Haushaltslage der jeweiligen Kommunen abhängig gemacht würde.
Im Interesse der Eltern behinderter Kinder, die sich inklusiven Unterricht wünschen, der Lehrkräfte, die gelingendes gemeinsames Lernen umzusetzen haben, aber auch der Kommunen halten es der Landkreistag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW für sinnvoll, die finanziellen Auswirkungen der schulischen Inklusion und die dabei entstehenden Mehrkosten vom Verfassungsgerichtshof als unabhängiger Instanz überprüfen zu lassen.
Die Präsidenten Hendele und Schäfer betonen: „Unabhängig von der jetzigen Konfliktlage sind wir aber zu weiteren Gesprächen bereit, wenn sich das Land substanziell auf die Kommunen zubewegt“.