Vier Klagen gegen Gesamtschule Halle

Mit 18 zu 14 Stimmen hat sich der Rat der Gemeinde Steinhagen in einer Sondersitzung am 15. Januar 2014 für eine Klage gegen die Genehmigung der Gesamtschule in der Nachbarstadt Halle ausgesprochen. Insgesamt haben vier benachbarte Schulträger Klage erhoben.

Die von der Gemeinde Steinhagen eingeschaltete Fachanwältin für Verwaltungsrecht hatte zuvor den Ratsmitgliedern mögliche Ansatzpunkte für ein erfolgreiches Klageverfahren dargelegt. Hauptkritikpunkt war die das Rücksichtnahmegebot nach dem Schulgesetz verletzende mit Fehlern behaftete Schulentwicklungsplanung der Stadt Halle.

Die Planung sei durch das politisch vorgegebene Ziel zur Gründung einer Gesamtschule gekennzeichnet. Alternativen, wie die Errichtung einer Dependance der in Trägerschaft des Kreises Gütersloh geführten Gesamtschule Werther/Borgholzhausen (Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule), die Errichtung einer Sekundarschule (Gesamtschule ohne Oberstufe) oder eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung mit benachbarten Schulträgern seien von vornherein ausgeschlossen worden.

Die Auswirkungen auf die Schulen der anderen betroffenen Schulträger würden zudem nur unzureichend untersucht. Offenbar sei die Planung teilweise mit großer Eile erfolgt, da man in Halle davon ausgehe, dass nur noch bei einer Gründung im Schuljahr 2014/2015 überhaupt die notwendigen Schülerzahlen nachweisbar und die Schule damit genehmigungsfähig wäre. Aber selbst unter den sehr günstigen, nicht näher begründeten Prognosen des Schulentwicklungsplaners, seien in dem gesetzlich vorgegebenen Fünfjahreszeitraum nicht immer die für eine notwendige Vierzügigkeit erforderlichen Schülerzahlen nachgewiesen. Danach wirkt sich der Geburtenrückgang zusätzlich negativ aus.

Ursprünglich hatte Halle wie Steinhagen eine Sekundarschule geplant. Dies geht noch aus dem Schulentwicklungsplan für das Jahr 2012 hervor. Damalige Vorlagen der Stadt Halle für die Beratungen in den politischen Gremien belegen, dass die Schülerzahlen für eine Gesamtschule als unzureichend angesehen werden. 2013 wurden die Planungen dann überraschend geändert und die Gründung einer Gesamtschule angestrebt. Erst Mitte September 2013 wurde den benachbarten Schulträgern die neue Schulentwicklungsplanung übersandt, die aber noch keinerlei Aussagen über die Auswirkungen auf Nachbarschulen enthielt. Deutlich wurde allerdings, dass Halle weniger Grundschülerinnen und Grundschüler beschult als Steinhagen.

Der Kreis Gütersloh als Schulträger des Kreisgymnasiums Halle und der Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule sowie des Berufskollegs Halle, die Gemeinde Steinhagen, die Stadt Werther und die Stadt Borgholzhausen hatten daher Auswirkungen auf ihre Schulentwicklung befürchtet und eine Verletzung des im Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen verankerten Rücksichtnahmegebotes gerügt.

In dem daraufhin von der Bezirksregierung Detmold durchgeführten zweistündigen Moderationsverfahren am Nachmittag des 22. November 2013 blieb die Stadt Halle bei ihrer Position. Die Städte Borgholzhausen und Werther wurden hier überraschend nicht mehr beteiligt. Hiergegen klagen beide Städte inzwischen in separaten Verfahren.

Nach Zustellung des Genehmigungsbescheides am 19. Dezember 2013 hatte Bürgermeister Klaus Besser vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am 20. Januar 2014 den Rat am 15. Januar zu einer Sondersitzung einberufen, um darüber zu beraten und zu entscheiden, ob gegen die Genehmigung Klage erhoben wird.

Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde im Rat nach rund 2 1/2 stündiger kontroverser Diskussion namentlich abgestimmt. Für die Klage sprachen sich neben den Mitgliedern von CDU, UWG, FDP und BASTU auch Bürgermeister Klaus Besser und zwei SPD-Ratsmitglieder aus. Drei Ratsmitglieder fehlten.

Der Kreistag in Gütersloh hat sich am gleichen Abend ebenfalls in einer eigens einberufenen Sondersitzung mit 33 zu 22 Stimmen für eine Klage ausgesprochen. Da auch Borgholzhausen und Werther klagen, gibt es gegen die Errichtungsgenehmigung Klagen von vier benachbarten Schulträgern.

"Es ist natürlich möglich, auch im gerichtlichen Verfahren noch zu Vergleichen, z. B. zur Verpflichtung einer abgestimmten Schulentwicklungsplanung nach dem Schulgesetz mit den benachbarten Schulträgern zu kommen," so Klaus Besser.

Die am 17. Januar von den Nachbarschulträgern erhobenen Klagen vor dem Verwaltungsgericht Minden haben nach der Verwaltungsgerichtsordnung aufschiebende Wirkung. Am 24. Januar 2014 hat die Bezirksregierung Detmold daher die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides angeordnet. Hiergegen wurden von den vier klagenden Körperschaften ebenfalls Rechtsmittel eingelegt (Antrag beim Verwaltungsgericht auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung).

Ob das Anmeldeverfahren für die Gesamtschule Halle somit wie von der Stadt Halle geplant bereits Anfang Februar durchgeführt werden kann bleibt offen. Mit einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung ist erst im Frühjahr 2014 zu rechnen. Sowohl Kläger als auch Beklagte können gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden Rechtsmittel beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen. Somit bleibt selbst im Falle ausreichender Anmeldungen für das erste Schuljahr offen, ob die Schule tatsächlich errichtet werden kann. "Nach dem Schulgesetz ist die Schülerentwicklung nicht nur für das Anmeldejahr, sondern auch für die folgenden vier Jahre zu berücksichtigen", so Klaus Besser. "Wegen der zurückgehenden Geburtenzahlen und damit Schülerzahlen fehlen in der Stadt Halle letztlich im Fünfjahreszeitraum Kinder für eine vierzügige Gesamtschule mit Oberstufe".

Die Bezirksregierung Münster hatte 2013 in einem ähnlichen Fall der Stadt Emsdetten die Genehmigung für eine weitere Gesamtschule zum Schutz der Gesamtschulen in den Nachbarorten Saerbeck und Nordwalde verweigert. Emsdetten hatte erfolglos dagegen geklagt. Die Bezirksregierung Detmold hat hingegen trotz der Gefährdung der Gesamtschule in Werther und Borgholzhausen dem Antrag der Stadt Halle entsprochen. Sollten die Gerichte den Errichtungsbeschluss nach dem Anmeldeverfahren aufheben, müssten die betroffenen Kinder nachträglich bei anderen Schulen angemeldet werden.