Kommunen belastet

Mit rund 2 Mrd. Euro jährlich wurden die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen in den letzten fünf Jahren durch verschiedene Maßnahmen des Landes belastet. "Zusammen mit sinkenden Steuereinnahmen, erhöhten Sozialausgaben und immer neuen Standards führt dies zu immer größeren Defiziten in den kommunalen Haushalten", so Bürgermeister Klaus Besser.

So kostete allein der Wegfall an den Einnahmen der Grunderwerbsteuer ab 2006 den Kommunen jährlich 540 Mio. € und der Abschlag auf die anteilige Einkommensteuer (23 %) um 1,17 % ab 2009 402 Mio. €. Ab 2007 wurde der kommunale Anteil an den Krankenhausinvestitionen einfach verdoppelt (+ 330 Mio. € jährlich), ab 2006 die Sachmittel für pädagogische Arbeit in den Kindertagesstätten um 72 Mio. € und die Betriebs- und Investitionskosten für Kindergärten um 87,5 Mio. € gekürzt. Im Bereich der Schülerbeförderung entstanden den Kommunen durch Kürzung der Landeserstattungen Mehrkosten in Höhe von 77 Mio. €. Die Zuschüsse nach dem Weiterbildungsgesetz für die Volkshochschulen wurde um 26 Mio. € jährlich gekürzt. Hinzu kommen eine Vielzahl kleinerer Maßnahmen, wie zum Beispiel die Kommunalisierung der Umwelt- und Versorgungsverwaltung (+ 1,2 Mio. €).

"Kein Wunder, dass die Kreisumlage, also der Betrag, den die Gemeinde an den Kreis zu zahlen hat, 2010 mit 16 Mio. € einen neuen Höchststand erreicht hat und inzwischen fast 50 % unserer Gesamtaufwendungen beträgt",so Klaus Besser.

Hinzu kommen ständig neue Standards. "In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 4. April war dazu ein gut recherchierter ganzseitiger Artikel", so Klaus Besser. Ein schönes Beispiel lieferte darin Hamms Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU), seit 1999 im Amt. Als die Stadt Hamm eine Kindertagesstätte auch für kleinere Kinder unter 3 Jahren nutzen wollte, ließ sie pragmatisch ein Podest zimmern, damit die Jungen die Pinkelrinne nicht verfehlen. "Nicht standardgerecht", befand das Landesjugendamt bei der Besichtigung und verpflichtete die Stadt zum Einbau einer vorschriftsmäßigen Toilettenanlage. "Und schon waren 30.000 Euro futsch", wird Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann in der Frankfurter zitiert.
Ebenso wie in Bielefeld mußte auch in Hamm eine weitere neue Feuerwache gebaut werden, weil das Land Nordrhein-Westfalen die Hilfsfrist, in der die Feuerwehr am Einsatzort sein muss, auf acht Minuten verringert hatte.
Besonders beim Umbau von Kindertagesstätten und der Sanierung von Schulen reißen Bau- und Sicherheitsstandards riesige Löcher in die Kommunalbudgets. So baut die Stadt Remscheid, eine der ärmsten Städte in Nordrhein-Westfalen (Verschuldung je Einwohner 5.417 €), derzeit  Betreuungseinrichtungen für Unter-Dreijährige aus. Dafür schreibt ihr das Landesjugendamt neben der Anzahl der Toiletten und Waschbecken je Kind in einer Matrix auch detaillierte Raumgrößen je nach Alter vor - nicht nur für die Betreuung (Gruppenraum: ca. 45 qm, Nebenraum: 18-24 qm, Sanitärbereich 12 qm, Büro der Kita-Leitung 12 qm, Abstellraum 6 qm und Putzmittelraum 4 qm). "Selbst wenn ich die Standards für sinnvoll hielte, ich kann sie einfach nicht bezahlen", so Remscheids Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz. 372.340 € kostet so der Umbau nur einer Kindertagesstätte, um 15 Plätze U3 zu schaffen. Laut Förderprogramm des Bundes müßte die Stadt davon nur 10 % bezahlen. Da in Nordrhein-Westfalen vom Land der Zuschuss aber auf 18.000 € je Platz begrenzt wurde ("Eine völlig irreale Zahl", so Mast-Weisz laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung), bleibt ein von der Stadt Remscheid zu zahlender Eigenanteil in Höhe von 102.340 €. Würden die Standards nicht eingehalten, würde keine Betriebserlaubnis für die Kindertagesstätte erteilt. Der vom Bund beschlossene Rechtsanspruch für die Betreuung von Kinder unter 3 Jahre könnte dann in Remscheid nicht erfüllt werden.
Oft werden auch Umbau- und Sanierungsmaßnahmen zurückgestellt, um neuen aufwändigen Brandschutz- und Wärmedämmvorschriften zu entgehen. "Das machen wir in Steinhagen nicht", so Klaus Besser. "Allein für nach einer Brandschau vom Kreis Gütersloh geforderte zusätzliche Brandschutzmaßnahmen in der seit 1987 von der Gemeinde betriebenen Alten Dorfschule in Brockhagen wenden wir 2010 rund 85.000 € auf. Für Brandschutzmaßnahmen in den Schulen haben wir in den letzten Jahren mehrere 100.000 € ausgegeben und auch in Wärmedämmmaßnahmen wurde investiert, um Energie und damit Kosten und CO² zu sparen".
2011 ist der Umbau der gemeindlichen Kindertagesstätte Ströhen geplant. 2010 sollen die Pläne erarbeitet und die Kosten geschätzt werden. Planungskosten sind im Gemeindehaushalt 2010 veranschlagt. "Auch hier dürften die Bundes- und Landeszuschüsse nur einen Bruchteil der tatsächlichen Umbaukosten tragen", geht Klaus Besser von einem erheblichen Zuschußbedarf durch den Gemeindehaushalt aus.

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