Die Planungen zur Ortsumgehung von Bielefeld-Ummeln wurden vom Bundesverwaltungsgericht gestoppt. Damit kann auch eine gegen den Widerstand der Gemeinde Steinhagen geplante Sandabgrabung am Südhang des Teutoburger Waldes nicht beginnen.
Gegen den von der Bezirksregierung Detmold erlassenen Planfeststellungsbeschluss zum Bau der Verlängerung des Ostwestfalendammes entlang der Eisenbahnstrecke Bielefeld-Hamm (Ortsumgehung Ummeln) waren 14 Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben worden. Das Gericht hat am 26. April 2018 die Entscheidung ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof um Klärung von strittigen Fragen zum Grundwasser- und Hochwasserschutz (Europäische Wasserrahmenrichtlinie) gebeten.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat für die Bezirksregierung als Planfeststellungsbehörde und den Landesbetrieb Straßen NRW als Vorhabenträgerin überraschend beschlossen, die bei ihm anhängigen Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold für den Neubau der Autobahn A 33/Bundesstraße B 61, Zubringer Ummeln, auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg entscheidungserhebliche Rechtsfragen zur Auslegung des europäischen Rechts vorzulegen (Az.: 9 A 15.16 und 9 A 16.16).
Die insgesamt 14 Kläger aus Ummeln sind von der Planung des 3,7 Kilometer langen Straßenabschnitts in unterschiedlichem Umfang betroffen. Manche sollen für den Straßenbau enteignet werden oder sind in ihrer Existenz als Landwirte betroffen. Andere Kläger wehren sich gegen Lärmbelastungen. Die meisten Kläger erheben darüber hinaus wasserrechtliche Bedenken. Sie befürchten eine Gefährdung ihrer privaten Wasserversorgung (Hausbrunnen) durch die Versickerung von Straßenabwässern oder machen Überschwemmungsgefahren geltend. Die Aussetzung des Verfahrens kann zumindest als Teilerfolg gewertet werden.
Dem Bundesverwaltungsgericht stellen sich verfahrens- und materiellrechtliche Fragen, die die Auslegung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie betreffen. Zu dieser Richtlinie habe der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass bei der Genehmigung eines Vorhabens – wie hier eines Straßenbauprojekts – jede Verschlechterung des Zustandes eines Wasserkörpers vermieden werden muss. Geklärt sei ferner, so das oberste deutsche Verwaltungsgericht, nach welchen Kriterien sich die Verschlechterung beurteilt, sofern es um Oberflächengewässer geht. Eine solche Klärung fehle indessen in Bezug auf die Verschlechterung des Zustandes des Grundwassers. Klärungsbedürftig sei darüber hinaus, ob und inwieweit sich private Kläger in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot berufen können.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat indirekt auch Auswirkungen auf eine am Südhang des Teutoburger Waldes auf Steinhagener Gemeindegebiet geplante Sandabgrabung auf einer Fläche von rund 1,5 ha. Die entgegen erheblicher Bedenken der Gemeinde Steinhagen vom Kreis Gütersloh erteilte Genehmigung ist für den Bau der neuen Straße, die auf einem Damm errichtet werden soll, zweckbestimmt. Eine Sandabgrabung aus anderen Gründen wäre unzulässig.
"Wir haben gegen das Planvorhaben Bedenken erhoben, weil aus unserer Sicht die gemeindliche Planungshoheit verletzt wird. Nach dem Flächennutzungsplan sind Abgrabungsflächen in anderen Bereichen der Gemeinde ausgeweisen. Der Südhang des Teutoburger Waldes soll nach dem Planungswillen der Gemeinde Steinhagen von Sandabgrabungen freigehalten werden", so Bürgermeister Klaus Besser. Trotz der Lage des Gebietes in einem empfindlichen Naturraum und trotz unmittelbarer Nähe zu einem FFH-Gebiet, Fledermausvorkommen und eines Brutgebietes des Uhus wurde die Genehmigung zur Abgrabung vom Kreis Gütersloh erteilt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung fand nicht statt. "Ich bin verwundert, dass weder die Naturschutzverbände noch die Naturschutzbehörden gegen die Abgrabung Bedenken haben", so Bürgermeister Klaus Besser. Das fehlende gemeindliche Einvernehmen wurde vom Kreis Gütersloh ersetzt.
"Ich werde am 3. Mai 2018 den Bauausschuss informieren. Gegebenenfalls ist dann zu prüfen, ob die Gemeinde gegen die Genehmigung Klage erhebt", so Besser.
Unverständlich ist die Erteilung der Genehmigung auch vor dem Hintergrund, dass in unmittelbarer Nähe auf Bielefelder Gebiet genehmigte und vorhandene Abgrabungsflächen zur Verfügung stehen.